In einem offener Brief an Minister Alexander Dobrindt nimmt der SPD-Kreisverband Ebersberg Stellung zu dessen umstrittenen Aussagen auf einen Wahlkampfveranstaltung in Grafing bei München. Laut Süddeutscher Zeitung ("Ein Prosit der Zufriedenheit" vom 8. August 2017) hat Alexander Dobrindt seine Zuhörer, die einen Nachbarn haben, der überlegt, im September die SPD zu wählen, empfohlen: „Hören Sie auf, mit ihm zu reden!“
Diese Aussagen des CSU Ministers konnten wir als Kreis-SPD nicht unkommentiert stehen lassen. Hier der offene Brief an den Minister:
Sehr geehrter Herr Minister Dobrindt,
wie wir der Presse entnehmen konnten, haben Sie am vergangenen Wochenende beim „Politischen Kesselfleischessen“ auf dem Brauereifest Wildbräu Grafing einen Wahlkampfauftritt im Landkreis Ebersberg absolviert.
Die Süddeutsche Zeitung hat am 9. August über diesen Abend berichtet und Sie hinsichtlich Ihrer Haltung bezüglich parteipolitischer Mitbewerber folgendermaßen wiedergegeben: ... und schlägt wenig später jedem Zuhörer vor, wenn er einen Nachbarn habe, der überlegt, im September die SPD zu wählen: „Hören Sie auf, mit ihm zu reden!“
Diese Aussage befremdet uns als SPD-Kreisverband Ebersberg sehr, zeigt sie doch ein bestürzendes Demokratieverständnis. Unsere Demokratie lebt bekanntlich vom Dialog und vom Austausch unterschiedlicher Ideen, Meinungen und Überzeugungen. Gerade dann, wenn es vielfache politische Herausforderungen gibt, gilt es, die beste Lösung für die Gesellschaft im Gespräch zu finden, getragen vom gegenseitigen Respekt. Ihr Vorschlag, den Dialog zu verweigern – offenbar auch über politische Themen hinaus – stellt diesen Grundsatz in Frage und erscheint gerade im Hinblick auf gesellschaftlich relevante Ereignisse wie eine Bundestagswahl völlig fehl am Platz.
Zum zweiten offenbart Ihre Aussage die unsägliche Haltung, einen Wahlkampf durch Diffamierung Andersdenkender zu führen. Die von Ihnen getätigte Aussage erinnert uns an Vorgänge, wie wir sie aktuell aus der Türkei oder Venezuela hören. In politisch bewegten Zeiten wie den unseren, in denen es an gegenseitigem Respekt hinsichtlich unterschiedlicher Meinungen immer öfter mangelt und in denen Angriffe auf Mitmenschen aufgrund ihrer Überzeugungen, ihrer Religion oder ihrer Sexualität weiter zunehmen, sind Aussagen wie die Ihrige völlig deplatziert. Anstatt für einen guten Dialog einzutreten, suggerieren Sie Ihren Zuhörern, dass es wieder gesellschaftsfähig ist, Andersdenkende für Ihre Meinung mit Missachtung zu strafen.
Das in Wahlkampfzeiten ein rauer Wind wehen kann und zugespitzte Angriffe auf den politischen Gegner nicht unterbleiben, ist in unseren Augen eine natürliche Begleiterscheinung im Vorfeld einer Wahl. Die Diffamierung politisch Andersdenkender bis hin zum Aufruf, Mitmenschen aufgrund ihrer politischen Überzeugung durch die Verweigerung von Gesprächen und normaler Umgangsformen zu bestrafen und sie so gesellschaftlich auszugrenzen, ist nach unserer Meinung eines amtierenden Ministers der Bundesrepublik Deutschland unwürdig.
Möchten Sie den Menschen in unserem Landkreis wirklich empfehlen, mit Nachbarn und Mitbürgern die SPD wählen wollen, nicht mehr zu sprechen? Wir fordern Sie auf, diese Äußerung klarzustellen, bzw. sie zurückzunehmen.
Die örtliche Presse erhält einen Abdruck dieses Schreibens.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Vogt
Vorsitzender
Doris Rauscher MdL
Stellv. Vorsitzende
Hier der Brief als PDF: Offener Brief an Minister Alexander Dobrindt (PDF, 78 kB)